Mittwoch, 7. November 2012

Willkommen bei McDonalds






Willkommen bei McDonalds

Mit einem Ruck setzte sich der Wagen vor Dennis in Bewegung und rollte langsam den Weg entlang. Noch vier Wagen, dann sollte er endlich dran kommen.
Dennis wurde nervös. Er wusste, dass Kathrin heute den „Mc Drive“ Schalter bediente. Haargenau hatte er sich seine Entschuldigung zurecht gelegt, nachdem sein Vater ihm regelrecht in den Hintern getreten hatte, dass er das gefälligst gerade biegen sollte. Seine Eltern mochten Kathrin und sahen sie als zukünftige Schwiegertochter. Mit dreißig Jahren sei es endlich Zeit, zu heiraten. Sagt zumindest sein Vater.
Er hatte extra das blaue Hemd angezogen, das sie gerne an ihm mochte. Die Kette, die sie ihm zu ihrem letzten Jahrestag geschenkt hatte, war deutlich zu sehen.
Der kleine Schutzengel Bär, den Kathrin ihm zum Kauf des Wagens auf die Armatur gesetzt hatte, schaute ihn fröhlich an.
Ein größeres Auto musste es sein. Sie wollte Kinder und die brauchten Platz.
Die Wagen rollten in einem monotonen Rhythmus voran, bis endlich der Lautsprecher knackte und er vor Nervosität zu kollabieren drohte.
„Willkommen bei McDonalds, ihre Bestellung bitte?“
Ja, das war ihre Stimme. Zart wie die einer Elfe und verführerisch wie die einer freizügigen Dame bei den Nullhundertneunziger Nummern.
„Kathrin, hör zu, es tut mir so leid!“
Na, wenn das kein Sturz mit der Tür ins Haus war. So hatte er das nicht geplant.
Kurze Pause am anderen Ende.
„Willkommen bei McDonalds, ihre Bestellung bitte!“
„Kathrin, glaub mir, es tut mir wahnsinnig leid. Ich wollte das alles nicht. Du weißt, ich liebe dich und möchte meine Zukunft mit Dir verbringen!“
„Mc Chicken classic Menü mit Pommes. Maxi oder Spar?“
Das war ihr Lieblingsmenü! Dennis schöpfte sofort Hoffnung, dass dieses Gespräch positiv enden würde. Zuhören musste sie ihm zumindest.
„Ich hatte an dem Abend zu viel getrunken und Anne hat mich die ganze Zeit beobachtet. Sie fragte nach dir und ich sagte, dass du zuhause auf mich wartest. Das war ihr egal und sie baggerte wie blöde.“
„Welches Getränk dazu?“
„Hör doch, ich wollte das nicht. Ich habe nur an Dich gedacht.“
„Kirschtaschen haben wir lange nicht mehr, nur noch Apfeltaschen.“
„Irgendwann hatte ich so viel intus, dass ich nur noch dich vor Augen sah. Nicht mehr Anne.“
Er hörte ein Zischen am anderen Ende des Lautsprechers und wie der Ton ihrer Stimme klang, sprach sie durch zusammen gebissenen Zähnen.
„Hamburger Royal TS Maxi Menü mit Cola. Ketchup oder Majo dazu?”
“Anne , jetzt lass den Blödsinn und hör mich an! Sie hat es schamlos ausgenutzt und ich konnte mich nicht dagegen wehren!“
„Ja, Mc Fish haben wir. Auch als Menü?“
„Ich bin einfach schwach geworden.“
„Dreimal Softeis mit Karamellsoße.“
Langsam wurde ihm das zu bunt, dass sie ihm nicht richtig antwortete. Er redete sich ein, dass ihr Chef in der Nähe war und sie hören konnte.
„Sie hat mich verführt, aber ich habe nur an dich denken müssen. Wirklich, ich dachte, ich schlafe mit dir.“
„Welches Getränk zum Big Tasty Menü?“
„Kathrin, ich habe doch nur Augen für dich. Die anderen Frauen interessieren mich nicht!“
„Zwei Big Mäcs und vier Cheeseburger.“
Cheese, das hieß Grinsen. Glaubte sie ihm jetzt endlich?
Es musste so sein. Er war ehrlich zu ihr und beichtete ihr gerade alles, was an dem Abend passiert war.
„Kathrin, wenn es etwas geben sollte, womit ich es wieder gut machen kann, sag es. Glaub mir, ich würde alles für Dich tun!“
Ein leises Seufzen war zu hören. Dachte sie gerade über seine Worte nach?
„Durcheinander! Damit meinen sie sicher den McFlurry. Ich kann ihnen M&Ms dazu empfehlen.“
Ihre Stimme klang traurig und er wusste, dass sein Ausrutscher mit Anne sie sehr verletzt hatte.
„Bitte Kathrin, gib uns nochmal eine Chance. Wir hatten doch auch gute Zeiten.“
„Tut mir leid, die Gutschein Aktion ist vorbei. Fahren sie bitte vor, zum zweiten Schalter.“
Mit einem Knacken war die Verbindung zu Kathrin unterbrochen.
Dennis sah hinunter auf seine Hände. Er hatte das Lenkrad fest umklammert. Die Knöchel waren weiß angelaufen und er spürte seine Fingernägel, die sich in die Handflächen bohrten.
Langsam trat er das Gaspedal runter und ließ den Wagen zum nächsten Schalter rollen. Sein Fuß zitterte leicht vor Anspannung.
Gleich würde er sie sehen. Ihre lockigen, braunen Haare. Die langen Wimpern, die ihre grünen Augen umrahmten.
Ob sie ihm ein Lächeln schenkt? Ihre Grübchen zeigt?
Bei dem Gedanken an Kathrins Anblick wollte er sich für seinen Seitensprung am liebsten ohrfeigen.
Wenn sie ihm eine zweite Chance gibt , wäre er der glücklichste Mann auf Erden.
Eine große McDonalds Tüte wurde ihm gereicht.
„Das macht dreiundvierzig dreiundachtzig! Ich wünsche ihnen guten Appetit und eine gute Verdauung!“
Mit weißen Zähnen grinste ihm Ranjid entgegen. Ihn konnte Dennis noch nie leiden.
„Wo ist Kathrin?“
„Nicht mehr da.“
„Wie, nicht mehr da?“
„Siehst Du doch! Nicht hier.“
„Jetzt sag schon, wo ist sie?“
„Sie ist in der Küche.“
„Also will sie mich nicht mehr sehen.“ Murmelte Dennis enttäuscht vor sich hin.
„Genauso ist es. Und jetzt bitte dreiundvierzig dreiundachtzig.“
Mit diesen Worten reichte er ihm die Getränke.
Widerwillig bezahlte er und fuhr weiter.
Das sarkastische „Guten Appetit!“, das Ranjid ihm hinterher rief, stieß ihm schon jetzt übel auf.