Aufgabe: Anhand eines Bildes (Junge mit Apfel in der Hand) eine Geschichte ausdenken.
Mit Anfang, Mittelteil, Ende:
Ich bin nicht klein!
Malte war sauer. Zwar saß er nun zusammen mit seiner Schwester Lena auf dem Anhänger von Opas Traktor und fuhr am Deich entlang zu den Apfelfeldern, aber er durfte nur zuschauen. Er fand die Erwachsenen im Moment alles andere als toll. Verletzen könne er sich, wenn er einen Apfel auf den Kopf bekommen würde. Und im Weg könne er sein, wenn er zwischen den Bäumen umher laufen würde. Er solle abseits bleiben und auf seine kleine Schwester aufpassen.
Onkel Fiete meinte sogar noch zu ihm: „Und wenn Du genau zuschaust, wie wir das machen, dann kannst Du vielleicht in ein paar Jahren auch mithelfen.“ Das war gemein von seinem Onkel. Aber seinen Onkel mochte er eh nicht. „Kleiner“ nannte er ihn immer. Dabei war er schon fünf und gar nicht mehr so klein. Also saß er nun hier, zusammen mit seiner kleinen Schwester und umgeben von leeren Apfelkörben. Lena wiederum saß fröhlich auf der anderen Seite des Anhängers, spielte an einem der Apfelkörbe, ohne es wirklich zu merken und schaute hinaus auf den Deich und die Schafe, die dort grasten. Ihre blonden, geflochtenen Zöpfe wippten im Takt des Traktormotors und die wenigen Haarsträhnen, die aus den Zöpfen guckten, wehten im Wind, der über den Deich von der Elbe her wehte. Sie freute sich, mitfahren zu dürfen und legte mit ihren 3 Jahren noch keinerlei Wert darauf, den Großen bei der Arbeit zu helfen. „Daaa!“ schrie Lena auf einmal. „Da sind die Bäume!“ Malte hielt sich die Hand über die Augen und schirmte sie gegen die Sonne ab.
Die Bäume waren nur noch wenige Meter entfernt und der süßlich, frische Duft der Äpfel wurde ihnen mit dem Wind entgegen geweht. Mit einem Ruck hielten sie an. Tom sprang vom Traktor und half Malte und Lena hinunter. „Ich will aber auch mithelfen“, quengelte Malte. Ein letzter Versuch, doch mitmachen zu können. Aber sein Bruder lächelte ihn nur an und schüttelte den Kopf. „Setzt Euch dort auf die Bank, ich komme nachher nochmal zu Euch.“ Mit diesen Worten war er auch schon zu den anderen geeilt, die sich mit den Körben auf den Weg zu den Bäumen machten.
„Ich hab Hunger!“ jaulte Lena, nachdem sie sich gerade auf die Bank gesetzt hatten. Sie sah ihn mit ihren großen, blauen Augen an und deutete an, gleich in Tränen auszubrechen, wenn er nicht reagieren würde. Also stand er auf, lief schnell zum Anhänger und wollte den Picknick Korb hinunter holen, den seine Mutter ihnen zuhause extra gepackt hatte. Er kletterte auf den Anhänger hoch und suchte ihn ab, doch der komplette Anhänger war leer. Er sah den Erntehelfern hinterher, ob vielleicht jemand von ihnen den Picknick Korb hatte. Doch nirgends war er zu sehen. Mit einem schnellen Blick zu Lena, stand er da und dachte nach.
Lena saß noch genau da auf der Bank, die unter dem großen Apfelbaum stand. Dem einzigen großen Baum zwischen all den kleinen Edelbäumen und der Einzige, der genügend Schatten spendete. Und da kam ihm die Idee: Er würde einfach selbst etwas zu essen besorgen. Dort, von dem großen Baum würde er die saftigsten Äpfel pflücken und den Erwachsenen zeigen, dass er gar nicht so klein ist, wie sie immer sagten. Zufrieden ging Malte zurück zu Lena, die ihn nun wieder mit ihren großen Augen ansah.
„Bleib hier sitzen, ich pflücke uns ein paar Äpfel.“
Er sah von Lena weg und entdeckte an dem Apfelbaum neben ihnen eine Leiter. Lauter alte Holzbretter waren daran genagelt und führten direkt zu einer großen Astgabel. „Die Großen werden schon sehen, wie gut ich bin!“ sagte er sich, um sich Mut zuzureden. Also stand er auf und ging zu dem Baum. Groß und dick war er und wirkte auf Malte fast schon furchteinflößend. Aber vor seiner Schwester wollte er keine Angst zeigen. Er musste all seinen Mut zusammen nehmen, um die erste Stufe zu erklimmen. Das Holz fühlte sich fest, aber splittrig an und es piekste an seinen nackten Unterschenkeln. Er musste seine Füße quer darauf stellen, um sich hoch zu stemmen. An einem der kleineren Äste, die vom Stamm abgingen, hielt er sich fest und konnte so Stufe für Stufe
bewältigen. Zwar waren es nur 4 Stufen, aber ihm kam es so vor, als wäre er bereits viele Meter über dem Boden.
Als er den Ast endlich erreicht hatte und sich darauf setzte, hüpfte seine
Schwester vor Freude auf der Bank herum und klatschte. Jetzt fühlte er sich gut. Er hatte es ganz alleine geschafft. Langsam schob er sich auf dem Ast im sitzen ein Stückchen vor, griff schnell nach den Äpfeln, die ihm am nächsten waren und warf sie hinunter auf den Boden. Dann schob er sich wieder langsam zurück in Richtung Stamm und gerade, als er ein Bein auf die Bretter setzen wollte, hörte er seinen Bruder rufen:
„He, Malte! Was machst Du da oben?“ Schnell war Tom bei ihm und half ihm vom Baum. Malte zeigte auf die Äpfel. „Ich hab für
mich und Lena Äpfel gepflückt, weil wir Hunger hatten. Und weil wir den Picknick Korb vergessen haben.“
Tom wuschelte Malte durchs Haar, das ebenso blond und strubbelig war, wie sein eigenes. „Hey, das hast Du echt super gemacht! Vielleicht bist Du ja doch gar nicht mehr so klein, wie die anderen sagen.“
Das fand Malte natürlich gut und zusammen mit Tom nahm er die Äpfel, ging zu Lena und sie aßen sie gemeinsam sitzend auf der Bank.
„Ich glaube, ich möchte gar nicht mehr bei der Ernte helfen,“ sagte Malte kauend. Und als Tom in fragend ansah, fügte er hinzu: „Für Lena Äpfel pflücken, finde ich eigentlich viel besser.“ „Das stimmt!“ pflichtete ihm Tom lachend bei und sah mit ihnen den Helfern bei der Ernte zu, während sie ihre Äpfel weiter aßen.