(Entschieden habe ich mich für das Bild mit dem Augsburger Rathaus)
Niemals Langeweile auf dem Rathausplatz
20. Juli 1625:
Margarete wischte sich den Schweiß von der Stirn und schob eine der Haarsträhnen aus ihrem Gesicht. Es war warm und schwül und in der Luft mischten sich verschiedene Gerüche. Vom Platz zwischen dem Perlachturm und dem vor einem Jahr errichteten Rathaus wehten die Düfte von Schweiß, Blut und Fäkalien herüber. Die Menschen dort drängten sich eng aneinander und wollten soviel wie möglich von der heutigen Hinrichtung mitbekommen. Immer wieder wehten Gesprächsfetzen zu Margarete hinüber. Dann waren da noch die Düfte von frisch gebackenem Brot, frischem Fisch, rohem Fleisch und Blumen, die von all den Marktständen kamen, die um Margaretes Stand aufgebaut waren. Menschen sprachen, Babys weinten, Schafe blökten und Schweine quiekten wie verrückt, weil diese vor Ort auf Wunsch geschlachtet wurden. Heute war besonders viel Trubel auf dem Markt.
Zwischen den Bauern, die bedient werden wollten, sah sie sich um und erfasste wieder einmal, wie so oft in den letzten Tagen, die Fassade des Rathauses: Eine helle Außenfassade mit großen Fenstern und mit seinen sechs Etagen so groß, imposant und vornehm, dass sie eine Gänsehaut bekam. Links und rechts die beiden Zwiebeltürmchen, die ein wenig nach hinten versetzt auf dem Gebäude platziert waren. Vor ihnen eine Umrandung wie bei einem Balkon. In der Mitte die zwei weiteren, imposanten Etagen. Nur hier hatte das Gebäude seine sechs Etagen und abgerundet wurden diese durch ein verschnörkeltes Spitzdach, unter dem sich ein beeindruckendes Wappen in Adlerform befand.
Doch mehr als die Fassade imponierten sie die zwei Zwiebeltürmchen mit ihren braunen Kupferdächern und der goldenen Kugel auf der Spitze. Die Sonne, die auf die Kugeln schien, ließ diese wunderbar glitzern. Die Bauweise käme aus Florenz, hatte man ihr gesagt. Und während sie sich vorstellte, wie dort alle Gebäude so wunderschön imposant aussehen würden, entfloh sie für einen Moment ihrer wirklichen Umgebung…
20.Juli 2010:
Marie hatte alle Hände voll zu tun: Der Rathausplatz wimmelte nur so von Touristen und die Cafés waren hoffnungslos überfüllt. Es war heiß, die Sonne brannte vom Wolkenfreien Himmel und alle Gäste retteten sich unter die großen Sonnenschirme und hatten Wünsche: Hier Kaffeebestellungen, dort Eis und Kuchenwünsche. Und wieder lief sie mit einem vollen Tablett zu einem der vielen Tische: Bedienen, kassieren, freundlich sein.
Sie nutzte eine kleine Verschnaufpause und blickte kurz zum Rathaus mit seinen von grüner Patina angesetzten Zwiebeltürmchen. „Früher war es hier sicherlich nicht so stressig,“ dachte sie mit einem Seufzen und machte sich weiter an die Arbeit
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