Sonntag, 17. März 2013

2. Geschichte: David Bowie




Wie schon beim 366 Tage Projekt im letzten Jahr, sind die von Euch vorgeschlagenen Worte gelb markiert. Ihr könnt jetzt, unter dieser Geschichte die Vorschläge für die nächste Geschichte abgeben.
Genaue Infos zu diesem Projekt findet Ihr hier:   Regeln

Viel Spaß beim Lesen der zweiten Geschichte


David Bowie
Kommissar Kühnert blickte ungläubig die 30 jährige Frau vor sich an. Ihre Hände waren voller Blut und sie wirkte total verwirrt. Ein Kollege von ihm hatte die Frau auf der Straße aufgelesen, als er von seiner Streife zurück zur Wache gefahren war. Kurz nach Mitternacht war sie ihm fast vors Auto gelaufen.
„Ich hab gleich Feierabend, kümmre du dich drum.“, hatte er ihm nur gesagt.
So saß er jetzt hier am Tisch: Gegenüber eine Zeugin, die sich am Kaffeebecher festklammerte und wirres Zeug redete.
„Sie müssen mir wirklich glauben“, wiederholte sie atemlos, „ich wurde von David Bowie überfallen!“
David Bowie, so ein Unsinn.
„Und wo wurden sie von ihm überfallen?“ Er versuchte, den leicht genervten Ton zu unterdrücken.
Das würde er seinem Kollegen Günter heimzahlen.
„Beim Friedhof! Ich war gerade auf dem Weg von der Arbeit nach Hause. Wissen sie, ich arbeite im Kinderkrankenhaus und hatte eine harte Nacht. Ein kleines Kind wurde von einem Auto angefahren und sehr schwer verletzt. Wir konnten ihr nicht helfen. Sie starb vor ein paar Stunden.“ Traurig blickte sie auf ihre Hände.
Selbst nach über zwanzig Jahren im Dienst ließ ihn so etwas nicht kalt.
„Das tut mir leid. Bitte fahren sie fort. Sie waren also auf dem Weg nach Hause.“
„Ja genau.“ Sie nickte eifrig. „Ich war gedanklich noch auf meiner Fantasiereise. Das mache ich immer, um die schlimmen Erlebnisse aus dem Krankenhaus besser zu verarbeiten. Diesmal war ich ein Maulwurf, der sich durch das Erdreich gegraben hat.“
Kühnert verdrehte die Augen und schaute auf die Uhr. Noch vier Stunden, bis Feierabend.
„Vielleicht hab ich den Mann deshalb nicht gesehen“, fuhr sie fort, „aber auf einmal stand er direkt vor mir.“
„Und dieser Mann war David Bowie?“
„Ja genau!“
„Und was ist dann passiert?“ Kühnert ließ den Kugelschreiber zwischen seinen Fingern auf und ab wippen. Er sah es nicht für notwendig, sich Notizen zu machen. Dafür hatte er das Diktiergerät.
„Er grüßte mich freundlich und lächelte mich an. Wissen sie, er hatte so einen Wohlfühlcharacter, so dass ich gar nicht auf die Idee kam, mich in Gefahr zu fühlen. Er hatte eine zusammen gerollte Zeitung in der Hand und sagte zu mir, ich soll bitte mal auf die Zeitung schauen. Erkennen sie diese Person? hatte er gefragt. Die Zeitung war von Neunzehnhundertfünfundvierzig und schon völlig vergilbt.“
„Und wer war auf dem Bild zu sehen? Kannten sie die Person?“
„Ja natürlich! Das war er!“
„Wie bitte?“
„Er war auf dem Bild zu sehen. Sah genauso aus, wie er vor mir stand. Als ich ihm sagte, dass ich ihn erkenne, fing er an zu lächeln und sagte trocken, dass ich Recht habe. Ich dachte, er wollte mich verarschen, aber er nahm meine Hand, hauchte einen zarten Kuss auf den Handrücken und meinte, ich soll verzeihen, aber er wäre so hungrig.“
„Hungrig?“
Kühnert befürchtete, zu ahnen, was gleich kommen würde, aber schüttelte diesen wirren Gedanken ab. Das klang ihm doch zu sehr nach Hollywood.
„Ich wollte ihm Geld geben, damit er sich etwas kauft, doch bevor ich in meine Tasche greifen konnte, riss er mein Handgelenk an den Mund und biss rein. Erst spürte ich einen Schmerz, dann ein Gefühl des betäubt seins und alles wurde schwarz vor meinen Augen.“
„Er hat sie also ins Handgelenk gebissen?“
Ohne zu zögern hielt sie ihm ihren Arm hin. Ganz deutlich sah er zwei kleine Einstichstellen. Sollte sie wirklich Recht behalten?
In ihm erhärtete sich ein grauenhafter Verdacht: Sollte sie wirklich die Wahrheit sagen, würde da draußen ein Wahnsinniger herum laufen.
Er bat einen Kollegen dazu. Eine Täterbeschreibung wurde aufgenommen, ein Phantombild gezeichnet. Sie hatte Recht, er sah David Bowie verdammt ähnlich.
Nachdem alles erledigt war, entließ er sie nach Hause. Doch sie zögerte.
„Was ist? Wollen sie nicht nach Hause?“
„Was ist, wenn ich ihn nochmal treffe?“ Sie biss sich auf die Unterlippe.
„Wissen sie was, ich fahre sie rum. Wie ist ihre Adresse?“
Kühnert griff nach den Schlüsseln auf dem Schreibtisch, meldete sich bei seinem Kollegen ab und führte sie zu den Streifenwagen vor dem Haus. Als er die Autotür hinter sich schloss und eine Stille sie einlullte, atmete sie erleichtert aus. Sie wohnte nur wenige Blocks entfernt und innerhalb weniger Minuten war sie zuhause. Er begleitete sie bis an die Tür. Aus dem Haus hörte er  die Melodie von Enyas orinoco flow.
„Vielen Dank, sie haben mir sehr geholfen.“
Als er sich zum Gehen abwenden wollte, schlüpfte eine schwarze Katze durch die Katzenklappe ihrer Haustür, schmiegte sich an ihren Beinen und blickte herausfordernd zu ihm hoch. Die Frau bückte sich und streichelte dem Tier anmutig über den Kopf und sah ebenfalls Kühnert an. Sie lächelte und ließ ihre Zähne aufblitzen.
Er stutzte. Spielte ihm der Schlafmangel einen Streich? Ihre Eckzähne. Sie traten lang und spitz unter ihren Lippen hervor.
„Ich hab dir doch gesagt, ich schaffe es, ihn hierher zu bekommen.“
Die Katze fauchte kurz und ehe er sich versah, stand an Stelle des Tieres ein Mann vor ihm. David Bowie? Dann wurde es schwarz um ihn.

4 Kommentare:

  1. Super Geschichte! Ich will wissen wie es weitergeht! Also! Los! Schreib!!! (Du weißt doch was dem Autoren in misery passiert ist, oder?) muhahahaha ;-) LG Anne

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  2. Oh Oh, Du hast noch eine alte Schreibmaschine, mit der Du mir die Füße brechen willst? *Angstbekomm*
    Dann leg mal schnell los und setz die Worte drunter, die in die Fortsetzung rein sollen ;)

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  3. Marmeladentoast, rostige Nägel, Operette, Rocky, Fingernagel, Rockkonzert, Polyester, utopisch, giftgrün, Feierabendbier

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  4. schwüle Nachmittagshitze, trockener Mund, Kellertreppe, Freudenhaus, blutiger Fingernagel, Freiheit, mangelnder Fortschritt, Freudentaumel, liebevoll, verletzt

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