Eine kleine Arbeit zwischendurch...
Der Fall Hackett
Anne Johnson trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Was, wenn sie sich geirrt hatte? Wenn sie sich die ganze Zeit auf diese Person konzentriert hatte, die den Unfall genutzt hatte, um Aufmerksamkeit zu erregen oder vom eigentlichen Fall abzulenken? Hatte er mit dem Geschehen zu tun gehabt? War er am Unfallort? Wieso erfand er einen Bruder, den es nicht gab?
Sie schaute erneut auf das Foto. Mann mit Wohlstandsbauch, braunen Haaren, tiefen Geheimratsecken und einer schwarzen Hornbrille. Haare und Brille konnte er verändert haben. Einen Vollbart angeklebt. Aber die tief stehenden Augen, die markante Nase und das kantige Kinn würden zu erkennen sein.
Sie schaute sich unter den Trauergästen um. Überall saßen Damen mit schwarzen Hüten. Taschentücher wurden in Händen gedreht, gewürgt und hier und da waren Schluchzer zu hören. Die meisten Gäste hatten die Köpfe geneigt, schauten zu Boden oder hatten die Augen geschlossen. Eine bedrückende Stille herrschte im Park.
Sechsundzwanzig Menschen waren bei dem Zugunglück ums Leben gekommen. Hundertsechzig Menschen teils schwer verletzt. Im ganzen Land hatte dieser schreckliche Unfall für Bestürzung gesorgt und viele waren heute gekommen, um ihre Anteilnahme zu zeigen.
Anne ging mit ihren Augen immer wieder die Reihen ab und suchte nach dem Gesuchten auf dem Foto. Jetzt erblickte sie einen Mann, abseits an einen Baum gelehnt. Schnell verglich sie das Bild mit ihm und war sich sicher: Das musste Hackett sein!
Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, sich zu verkleiden.
Ein kurzer Blick zu Hank, der auf der anderen Seite stand und ein unscheinbares Nicken von ihm. Ihr Knopf im Ohr knackte kurz.
„Ich hab ihn gesehen. Das ist unser Mann.
Jeff, auf drei Uhr am Baum!“
„Ich bin hinter ihm, “ kam es von Jackson, “ sagt Bescheid, dann schnapp ich ihn.“
„Negativ, nicht hier. Bleib ihm auf den Fersen, wenn er die Menge verlässt. Zuviel Presse, wir wollen kein Aufsehen erregen.“
Sie wartete ab und ließ ihn nicht aus den Augen. Was hatte er vor? Wie würde er reagieren, wenn sein Name fiel?
Der Bürgermeister hielt eine bewegende Rede. Anne spürte einen Kloß im Hals. Dennoch löste sie den Blick nicht von ihm.
Kurz vor Ende nannte er einen Namen nach dem anderen. Auch den Namen Karl Hackett. So hatten sie es mit ihm zuvor abgesprochen.
„Los, zeig eine Regung,“ zischte sie fast tonlos.
Und als hätte er sie gehört, fing er an zu lächeln. Er klopfte gegen den Baum, drehte sich um und verließ den Schauplatz.
„Jackson, hefte Dich an seine Fersen!“
„Roger.“
Zwei Blocks weiter kam der Zugriff: Hackett wurde an die Hauswand gedrückt, die Handschellen klickten und ihm wurden seine Rechte vorgetragen. Entsetzt sah er Anne an.
„Ich wollte doch nur sicher gehen, dass ich tot bin.“
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